Feststellung ehebedingter Nachteile beim nachehelichen Unterhalt

Feststellung ehebedingter Nachteile beim nachehelichen Unterhalt

In einer Entscheidung vom 20.10.2010 hatte sich der der Bundesgerichtshof mit der Frage des nachehelichen Unterhalts zu beschäftigen.
Streitgegenständlich war eine „früher typische“ Hausfrauenehe, verbunden mit der Erziehung von zwei gemeinsamen Kindern und dem späteren Scheitern der Ehe.

Während der Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder übte die Ehefrau keine Berufstätigkeit aus, im Zusammenhang mit der Trennung und Ehescheidung wurde dann wieder eine regelmäßige Berufstätigkeit aufgenommen, zuletzt war die Ehefrau in einer befristeten, anähernden Vollzeittätigkeit beschäftigt. Zu prüfen war, ob und gegebenenfalls wie lange der Ehefrau ein nachehelicher Unterhaltsanspruch zustehe und ob der Umstand, dass eine Vollzeittätigkeit nicht erreicht werden könne, aufgrund der Ehe und Kindererziehung erfolge.

Der BGH weist erneut daraufhin, dass als Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Absatz 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, sich das Einkommen bemesse, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und ohne die Kindererziehung aus eigenen Einkünften erzielen könnte. Erziele der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Lebensbedarf erreichen, oder könnte er auch nur bei gehöriger Anstrengung solche Einkünfte erzielen, kann dies unter Umständen nach einer Übergangszeit zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts durch Befristung des Unterhaltsanspruchs führen.

Erreicht das Einkommen des Unterhaltsberechtigten nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit allerdings nicht diese Einkommenshöhe, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Selbst dann kann aber der Unterhalt noch bis zur Höhe des ehebedingten Nachteils herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren Einkommen ergibt, wobei dies voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteige.

Mithin muss durch das Gericht geklärt werden, wie hoch der angemessene Lebensbedarf (Einkommen ohne Kindererziehung und ohne Ehe) wäre und wie hoch das aktuell tatsächlich erzielte oder erzielbare Einkommen ist und diese beiden Positionen miteinander vergleichen.

Der BGH führt dabei erneut aus, dass der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt
als Indiz gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile zu werten sei.

Interessant ist das Urteil in erster Linie auch deshalb, weil es sich zum Thema „Karriere der Unterhaltsberechtigten“ verhält. Der BGH weist nämlich daraufhin, dass bei einem behaupteten beruflichen Aufstieg der Unterhaltsberechtigte darlegen muss, aufgrund welcher Umstände (wie etwa Fortbildungsbereitschaft, bestimmte Befähigungen, Neigungen, Talente etc.) er eine entsprechende Karriere gemacht hätte. Das pauschale Behaupten einer solchen Karriere reicht also nicht.

Der BGH bestätigt darüber hinaus seine Rechtsprechung, dass bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig sei, sondern sich die Tatsachengerichte vielmehr auch einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen könnten. Es reiche in der Regel aus, wenn das ungefähre Ausmaß der (ehebdingten) Einbuße festehe.

Für den Unterhaltsberechtigten ist es daher in den sogenannten Karrierefällen angezeigt äußerst sorgfältig vorzutragen. Der Unterhaltsverpflichtete kann sich indes nicht darauf berufen kann, er habe bereits während der Ehe darauf gegedrängt, dass der Unterhaltsberechtigte eine Berufstätigkeit aufnehme. Dieser Einwand ist ihm abgeschnitten, wenn während der intakten Ehe die Rollenverteilung akzeptiert worden sei.

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