Bundesverfassungsgericht ändert Unterhaltsberechnung
Mit Beschluss vom 25.01.2011 hat das Bundesverfassungsgericht, das höchste deutsche Gericht, die „neue“ Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit den Unterhaltsansprüchen eines geschiedenen Ehepartners bei Wiederverheiratung des anderen
Ehepartners als nicht verfassungsgemäß kritisiert.
Der Bundesgerichtshof hatte den Bedarf des geschiedenen Ehepartners seit Mitte 2008 in der Form berechnet, dass die bereinigten Einkommen der neuen Eheleute -auf Seiten einer kinderbetreuenden neuen Ehefrau auch ein fiktives Einkommen, das sie durch Beibehaltung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte- und des geschiedenen Ehepartners eingestellt hat und den Bedarf durch eine schlichte Dreiteilung errechnen wollte.
Dabei konnte zu Lasten des geschiedenen Ehepartners durch eine Kontrollrechnung niemals ein höherer Unterhaltsanspruch entstehen, als er sich ohne die Wiederverheiratung des ehemaligen Ehepartners ergeben hätte.
Begründet hatte der Bundesgerichtshof dies mit den sogenannten „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“, nach denen eben gerade Veränderungen nach der erfolgten Ehescheidung vollumfänglich zu berücksichtigen seien.
Das Bundesverfassungsgericht hält gerade diesen Ansatz des Bundesgerichtshof für unzutreffend:
Der Gesetzgeber habe auch nach Unterhaltsreform im Jahre 2008 daran festhalten wollen, dass für die Höhe des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten zunächst die ehelichen Lebensverhältnisse, bezogen auf den Tag der Rechtskraft der Ehescheidung, maßgeblich seien. Nachträgliche Veränderungen seien nur zu berücksichtigen, wenn sie entweder schon in der Ehe angelegt waren oder zumindest noch während der bestehenden Ehe absehbar waren. So sei beispielsweise zu berücksichtigen, dass die geschiedene Ehefrau, die während der Ehe wegen der Erziehung der gemeinsamen Kinder zunächst nicht berufstätig war, nach der Ehescheidung wieder eine Berufstätigkeit aufgenommen habe.
Weitere Einschränkungen seien jedoch nicht schon auf der sogenannten Bedarfsebene zu tolerieren; sie müssten gerade nach der gesetzgeberischen Gestaltung der Unterhaltsreform zum 01. Januar 2008 vielmehr bei der nachgelagerten Prüfung vorgenommen werden, inwieweit ein sogenannter ehebedingter Nachteil vorliege und inwieweit die Ausrichtung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Einzelfall unbillig oder zumindest die zeitlich unbegrenzte Ausrichtung unbillig sei.
Mit dieser Maßgabe hat das Bundesverfassungsgericht das streitige Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichtes aufgehoben und den Rechtsstreit zur Entscheidung an das Ausgangsgericht zurück verwiesen. Dabei hat es auch Ausführungen dazu gemacht, die darauf schließen lassen, dass bei der Unterhaltsberechnung des Bedarfs des geschiedenen Ehegatten der steuerliche Vorteil, der aus der neuen Eheschließung resultiert, nicht zu berücksichtigen ist. Auch weitere Veränderungen, die nach der Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, etwa die Eingehung weiterer Verbindlichkeiten dürften entsprechend nicht zu berücksichtigen sein, es sei denn, es läge ein besonderer Vertrauenstatbestand des Unterhaltsverpflichteten vor.
Eine rückwirkende Änderung bereits entschiedener Unterhaltsfälle eröffnet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht, wohl aber eine Änderung dieser Entscheidungen für die Zukunft.
Grundlegend zu berücksichtigen sein dürfte darüber hinaus, dass das Bundesverfassungsgericht das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten aufgrund eines sogenannten „Synergieeffektes“ aus dem Zusammenleben mit dem neuen Ehepartner im konkreten Fall um 10 % wegen „ersparter Aufwendungen“ erhöht hat.
Dieser Synergieeffekt dürfte möglicherweise aber auch bei nicht verheirateten Partnern in Betracht kommen.
Betroffene sollten daher in der Vergangenheit ergangene Entscheidungen, die unter Berücksichtigung der sogenannten Drittelmethode oder Dreiteilungsmethode ergangen sind, durch einen Fachmann/Fachfrau überlassen lassen.