BGH ändert Rechtsprechung zu Lebensversicherungen beim Pflichtteil
Durch ein Urteil vom 28.04.2010 hat der Bundesgerichtshof seine bislang gefestigte Rechtsprechung zur Bewertung von Lebensversicherungen beim erbrechtlichen Pflichtteilsanspruch grundlegend geändert:
Während bei der Berechung der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der Pflichtteilsberechtigte, der nicht gleichzeitig auch Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung des Erblasser war, bislang lediglich einen Anspruch auf Teilhabe an den vom Erblasser in den letzten 10 Jahren gezahlten Beiträgen zur Lebensversicherung hatte und damit oftmals nahezu „leer“ ausging, macht der BGH jetzt eine „halbe“ Kehrtwendung:
Der Nachlass wird jetzt um den letzten wirtschaftlichen Wert, über den der Erblasser hätte verfügen können, in der Regel also den sog. Rückkaufswert der Lebensversicherung, erhöht, so dass unter Umständen deutlich höhere Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen als nur bei Berücksichtigung der gezahlten Beiträge.
Gleichwohl konnte sich der BGH ganz offensichtlich nicht zum letzten (konsequenten) Schritt entschließen und nicht nur den letzten wirtschaftlichen Wert, sondern den tatsächlichen Wert der Versicherung (also die ausgezahlte Szumme) als Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs heranziehen.
Trotz alledem fließen jetzt im Regelfall deutlich höhere Werte in den Nachlass als es nach der bisherigen Rechtsprechung üblich war. Angesichts der vielen bestehenden Lebensversicherungsverträge erfährt dieses Urteil hohe Praxisrelevanz. Wieder einmal zeigt sich, dass die Geltendmachung und Berechnung von Erb- und Pflichtteils-(ergänzungs-)ansprüchen in die Hände von Fachleuten gehört.