Weitere Klarheit zum Elternunterhalt

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 12.12.2012, veröffentlicht am 23.01.2013, weitere Klarheit in die Berechnung des möglichen Elternunterhaltes gebracht.

Ausgangslage:
Die Mutter der Beklagten lebt in einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts nur teilweise aufbringen konnte, gewährte ihr die Gemeinde Leistungen der Sozialhilfe in Höhe von monatlich zwischen 850,00 € und 1.100,00 €. Die Beklagte ihrerseits ist nicht berufstätig und lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann und einem volljährigen Sohn in einer -bezahlten- Eigentumswohnung. Der Träger der Sozialhilfe -im weiteren Kläger genannt- vertrat nunmehr die Auffassung, die Beklagte sei trotz der fehlenden eigenen Einkünfte an den Leistungen des Sozialhilfeträgers zu beteiligen, da sie mietfrei in der eigenen Eigentumswohnung wohne und nicht nur einen Anspruch auf Familienunterhalt gegenüber dem erwerbstätigen Ehemann habe, sondern auch noch über einen entsprechenden Taschengeldanspruch.

Demgemäß verurteilte in II. Instanz das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von ca. 900,00 € wegen des Unterhaltsrückstandes. Mit diesem Urteil waren aber beide Parteien nicht einverstanden.

Der BGH hat dieses Berufungsurteil des Oberlandesgerichts nunmehr aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, nicht aber ohne weichenstellende Hinweise zur weiteren Vorgehensweise zu geben:

1.
Der Bedarf der Mutter errechnet sich aus den im Heim anfallenden und nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Kosten sowie einem Barbetrag zur Deckung der persönlichen, von der Leistung des Heims nicht umfassten Bedürfnisse. Da dieser Betrag die Einkünfte der Mutter übersteigt, besteht grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch gegen die Tochter, die Beklagte.

Die Leistungsfähigkeit der Tochter ist allerdings nach Auffassung des Bundesgerichtshofs erheblich eingeschränkt.

Zunächst kann aus dem Vorteil des mietfreien Wohnens nach Auffassung des BGH kein Barunterhalt gezahlt werden, da der Vorteil des mietfreien Wohnens gerade nicht aus baren Mitteln besteht, die die Beklagte für den Unterhalt der Mutter einsetzen könnte. Die Beklagte kann gegen den mit ihr verheirateten Ehemann allein Familienunterhalt beanspruchen. Dieser Familienunterhaltsanspruch umfasst allerdings wegen des bestehenden Miteigentums keine Wohnkosten, sondern nur die Nebenkosten und ist im Übrigen nicht auf die Gewährung einer Geldrente gerichtet. Mithin ist daraus kein Barunterhalt an die Mutter zu zahlen.

2.
Das Berufungsgericht hat des Weiteren angenommen, die Tochter könne aus ihrem Taschengeldanspruch, gerichtet gegen den mit ihr verheirateten Ehemann, Barunterhalt leisten.

Dies akzeptiert der BGH grundsätzlich, kritisiert allerdings die Berechnungsweise des Taschengeldanspruchs und klärt dabei folgende Begrifflichkeiten:

a)
Taschengeld ist Bestandteil des Familienunterhalts nach den §§ 1360, 1360a BGB. Dazu gehören unter anderem die Kosten für Wohnung, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung, kulturelle Bedürfnisse, Kranken- und Altersvorsorge, Urlaub usw. die in der Regel in Form des Naturalunterhalts gewährt werden. Darüber hinaus hat jeder Ehegatte Anspruch auf einen angemessenen Teil des Gesamteinkommens als Taschengeld.

b)
Taschengeld wird dann dahingehend definiert, dass es sich um einen Geldbetrag handele, der die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse nach eigenem Gutdünken und freier Wahl unabhängig von der Mitsprache des anderen Ehegatten ermögliche.

c)
Als Bestandteil des Familienunterhalts richtet sich der Taschengeldanspruch der Höhe nach den im Einzelfall bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen und der konkreten Lebensplanung der Familie.

Das Taschengeld ist grundsätzlich unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit der jeweils zu beachtende Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gewahrt bleibt, dies gilt auch weiterhin für den Elternunterhalt.

3.
Da das Taschengeld Bestandteil des Familienunterhalts ist, ist demnach zunächst der Familienunterhalt zutreffend zu ermitteln.

Im Streitfall war dafür das bereinigte Nettoeinkommen des Ehemannes zuzüglich der Steuererstattung heranzuziehen, davon waren die berufsbedingten Aufwendungen und die Kosten einer zusätzlichen Krankenversicherung in Abzug zu bringen. Das Oberlandesgericht hat dann weitere Aufwendungen des Ehemannes für dessen Altersvorsorge, die dieser mit monatlich 400,00 € betrieb, auf einen Betrag in Höhe von 5% Prozent des Bruttoeinkommens gekürzt, weil er, so die Begründung des Oberlandesgerichts, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Unterhaltspflichtigen höhere Ansprüche oder Aufwendungen zur Sicherung seiner eigenen Altersvorsorge nicht zuerkannt werden könnten.

Dem erteilt der Bundesgerichtshof jedoch eine klare Absage:

Es gehe hier nicht um die Altersvorsorgebeiträge des unterhaltspflichtigen Kindes, sondern um solche des nicht unterhaltsverpflichteten Ehegatten. Der Familienunterhaltsanspruch der Ehefrau richte sich aber aus dem für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Einkommen; wenn die Eheleute monatlich einen Betrag in Höhe von 400,00 € für die Altersvorsorge verwenden, ist dies nicht zu beanstanden, soweit sich daraus nicht eine zu dürftige Lebensführung ergibt ebenso wie ein übermäßiger Aufwand nicht berücksichtigt werden könne. Vielmehr müsse der tatsächlich aufgewendete Betrag einem objektiven Maßstab entsprechen, was im Streitfall vom Bundesgerichtshof bejaht wurde.

Interessant ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auch noch weiter, dass der Bundesgerichtshof dem berücksichtigungsfähigem Einkommen des Ehemannes die erzielten Zinseinkünfte aus dem Kapitalvermögen zurechnet, weil die Zinseinkünfte nicht thesauriert, also wieder angelegt wurden, sondern dem Familieneinkommen zugeführten wurden.

Daraus kann der Umkehrschluss gezogen werden, dass Zinseinkünfte, die thesauriert werden, kein unterhaltspflichtiges Einkommen darstellen. Auch dies ist eine nicht zu übersehende Neuerung!

Ähnlich wie bei der Bemessung eines konkreten Bedarfs für den Ehegattenunterhalt vertritt der BGH nunmehr auch die Auffassung beim Elternunterhalt könne ein Erwerbsbonus dem Familienunterhaltsanspruch nicht entgegengehalten werden, sondern es gelte uneingeschränkt der Halbteilungsgrundsatz.

Demgemäß ist der Erwerbstätigkeitsbonus bei der Berechnung der Höhe des Familienunterhalts nicht zu berücksichtigen.

Der Bundesgerichtshof führt dann noch weiter aus, das Unterhaltsleistungen aus dem Taschengeld nur zu erbringen sind, wenn dem unterhaltspflichtigen Kind nach Abzug des errechneten Unterhalts mehr als der Selbstbehalt – aktuell mindestens 1.600,00 € – verbleibt.

Selbst wenn aus dem so genannten Familienunterhalt dieser Selbstbehalt gedeckt werden kann und dem Kind ein höheres Taschengeld noch verbleibt, ist die Heranziehung für den Elternunterhalt damit aber noch immer nicht abschließend geklärt, denn der BGH hält noch eine weitere Angemessenheitskontrolle für notwendig. Dies begründete er mit dem Sinn und Zweck des Taschengeldes, das gerade eigene Bedürfnisse des Kindes decken soll und damit nicht vollständig für – zweckfremde – Elternunterhaltsansprüche zu verbrauchen ist. Auch hier hat der BGH weitere Hinweise zur Berechnung gegeben, unter anderem, das lediglich die Hälfte des Sockelbetrags von 5-7 % aus dem Selbstbehalt übersteigenden Teils des Taschengeldes für Unterhaltszwecke einzusetzen ist.

Letztendlich also im Regelfall eine zu vernachlässigende Größe, so dass davon auszugehen ist, dass sich Behörden und Ämter zukünftig nur noch in Ausnahmefällen auf die Einsetzbarkeit des Taschengeldes für Zwecke des Elternunterhaltes stützen können.

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