Verwirkung rückständigen Kindesunterhalts

Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich in einem nunmehr veröffentlichten Beschluss mit der Frage auseinanderzusetzen, wann – rückständiger – Kindesunterhalt verwirkt.

Was ist Verwirkung?

Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Sie setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und sich darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht auch künftig nicht mehr geltend machen (sog. Umstandsmoment). Dabei nimmt das OLG Hamm strenge Maßstäbe an, aber nicht für den Unterhaltsschuldner, sondern für den Berechtigten! Denn von einem Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf den Unterhalt angewiesen sei, könne erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung seiner Forderungen bemüht. Andernfalls könnten die Rückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast werden und die Einkommensverhältnisse nachträglich nur schwer aufzuklären sein. Dies alles spreche dafür, dass schon nach einem Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr (!) das Zeitmoment erfüllt sein kann. Zum Umstandsmoment vertritt das OLG Hamm die Auffassung, dass dieses schon dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn keine Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden, obwohl eine Vollstreckung möglich wäre!

Konsquenz

daraus ist, dass weder der Unterhaltsberechtigte noch etwa Sozialleistungsträger, auf die die Unterhaltsansprüche wegen der Hilfegewährung (UVG, Hilfe zum Lebensunterhalt) übergehen, zu lange mit der Beitreibung der Forderung warten dürfen, wollen sie nicht Gefahr laufen, dass ihnen Verwirkung entgegengehalten wird.

Auf der anderen Seite können sich Unterhaltsschuldner, soweit Vollstreckungsversuche gegen sie nicht von vorneherein aussichtslos waren, dann entfällt nämlich das Umstandsmoment, auf diese Art und Weise von erheblichen Schulden befreien.

Rechtsanwalt Thomas Misikowski, Fachanwalt für Familienrecht

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